Caribic - Erdgeschichtliche Entstehung

Das amerikanische Mittelmeer entstand, als sich vor ca. 200 Millionen Jahren, erdgeschichtlich gesprochen im Trias, der hypothetische Urkontinent Pangäa zu spalten begann und in einzelnen Schollen auseinanderdriftete. Die Bruchstellen zwischen Nord- und Südamerika und später zwischen Südamerika und Afrika gaben allmählich Raum für ein neues Meer, in dem eine zusammenhängende mittelamerikanisch-caribische Landmasse auftauchte. Absenkungen im Nordwesten und Südosten ließen im Verlauf der Kreide eine große karibische Insel zwischen dem Pazifischen und Atlantischen Ozean entstehen, die einen großen Teil Mittelamerikas umfaßte. Vor ca. 60 Millionen Jahren setzte die Auffaltung der Westküste des gesamten amerikanischen Doppelkontinents ein; sie führte zu starken tektonischen Veränderungen auch im karibisch-mittelamerikanischen Raum. Durch die Bildung der peruanisch-venezolanischen Geosynklinale, d. h. eines großräumigen Senkungsgebiets, wurde während des Eozäns das trennende Seegebiet zwischen Mittel- und Südamerika noch verbreitert, zumal sich auch große Teile Mittelamerikas senkten. Gleichzeitig begann sich durch Auffaltungsvorgänge im Osten, dem heutigen Bereich der Kleinen Antillen, eine Landbrücke mit Südamerika zu bilden, so daß eine durchgehende Verbindung zwischen dem heutigen Honduras und Venezuela entstand. Weitere Absenkungsvorgänge im mittelamerikanischen Bereich trennten diese Landbrücke während des Miozäns wieder. Durch fortgesetzte Faltungen entstanden in der Folge zwei zusammenhängende Gebirgszüge, die noch heute das südliche Cuba sowie Jamaica einnehmen und sich auf Hispaniola vereinigen. Tertiäre Kalke und Mergelkalke bedeckten die Gebirge, boten aber der starken Erosionstätigkeit wenig Widerstand, so daß die Gipfel abgetragen wurden. Das heruntergespülte Ton- und Mergelmaterial bildete dann weitausgedehnte Schwemmebenen. Etwa zur gleichen Zeit war Mittelamerika erneut starken Faltungen ausgesetzt. Die damit einhergehenden tektonischen Vorgänge führten abermals zur Zerstückelung des mittelamerikanischen Kordillerensystems. Erst im Pliozän entstand die heute existierende Landbrücke Mittelamerikas, als sich die peruanisch-venezolanische Geosynklinale mehr und mehr zurückbildete. Andererseits wurden durch nacheiszeitliche Abschmelzungsprozesse besonders während des Quartär, als sich der Meeresspiegel bis zu ca. 30 m hob, flache Teile der Inseln überflutet, vor allem das westliche Cuba.


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Diese geologischen Erkenntnisse beruhen vor allem auf Rückschlüssen aus den heutigen Gesteinsformationen und der tektonischen Großgliederung zwischen Mittelamerika und den Antillen. Auf der geologischen Übersichtskarte lassen sich erdgeschichtliche Übereinstimmungen sehr gut an den Faltengebirgen im südlichen Cuba, auf Jamaica und dem westlichen Hispaniola erkennen, die alle tertiären Ursprungs sind. Hier haben die Abtragungen der meist aus kristallinen und gefalteten Sedimenten bestehenden Gesteine noch nicht das Ausmaß erreicht wie in Bereichen des westlichen Cubas, im Zentralgebiet von Jamaica und auf Hispaniola, wo Formationen aus der Kreidezeit überwiegen. Die paläozoischen, d. h. dem Erdaltertum entstammenden, Gebirgskerne bestehen aus Graniten, Gneisen und Dioriten. Intrusivgesteine, d. h. Gesteine, die durch Eindringen von Magma verandert wurden, und Basalte lassen in zentralen Teilen Cubas, Hispaniolas, im Ostteil Puerto Ricos und auf den meisten Inseln der Kleinen Antillen auf erloschenen oder noch vorhandenen Vulkanismus schließen. Auch die Plattentektonik des mittelamerikanisch-caribischen Raums vermittelt interessante erdgeschichtliche Erkenntnisse. Nach der von Alfred Wegener begründeten Kontinentalverschiebungstheorie gehen die heute existierenden 12 großen Erdplatten auf den Beginn der Kontinentaldrift vor ca. 200 Millionen Jahren zurück. Allein fünf dieser Großschollen umgeben die relativ kleine caribische Platte. Schon hieraus lassen sich Rückschlüsse auf die geologische Instabilität des Raumes ziehen. Wie die meisten Randzonen der Platten, zeichnet sich auch der Bereich des Antillenbogens durch heftige und häufige Erd- und Seebeben aus. Darüber hinaus weisen auch die immer noch tätigen Vulkane auf Guadeloupe, Martinique und St.Vincent auf eine geologische Unruhezone hin.

 
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Von zwei Katastrophen größten Ausmaßes ist in diesem Zusammenhang zu berichten: Vom Untergang der Stadt Port Royal auf Jamaica im Jahre 1692 durch ein Erdbeben und von der Vernichtung von St. Pierre auf Martinique bei einem Ausbruch des Mt. Pelée 1902. Durch Piraterie im 17. Jahrhundert zur reichsten Stadt der Caribic geworden, verschwand Port Royal innerhalb einer Nacht vom Erdboden, und zwar an der Stelle, wo die heute Kingston vorgelagerte schmale Halbinsel im Westen endet. Bei der Vulkankatastrophe von St. Pierre am 8. Mai 1902 vernichtete eine auf 2000 °C erhitzte Glutwolke die als »Paris der Caribic« bezeichnete Stadt und ihre 30000 Einwohner innerhalb weniger Minuten. Nur 2 Menschen überlebten das Inferno. Geologische Unruheräume sind in der Regel an einer vielfältigen tektonischen Gliederung zu erkennen. Faltengebirge und Tiefseebecken in unmittelbarer Nachbarschaft künden von einer Unausgewogenheit in den erdgeschichtlichen Entstehungsprozessen. Die Trennung des Cayman-Grabens und karibischen Beckens durch die Cayman-Schwelle läßt den Verlauf des mittelamerikanischen Bruchfaltengebirges in östlicher Richtung erkennen; der nördliche Gebirgsast taucht als Sierra Maestra im Süden Cubas wieder auf, während der südliche die Insel Jamaica bildet. Nach abermaligem Untertauchen vereinigen sich beide Äste im westlichen Hispaniola und enden im Osten mit den Virgin Islands. Analog dazu bildet ein zunächst ostwärts gerichteter Ast der venezolanischen Küstencordillere die Fortsetzung des nun nach Nordwest orientierten Antillenbogens. Diese Region wird flankiert vom langgestreckten Puerto-Rico-Graben mit der größten Tiefe des Atlantischen Ozeans (Milwaukee-Tief, 9219 m). Ähnlich wie vor der Westküste Südamerikas handelt es sich auch hier um eine Depression als Folge der Gebirgsfaltungen während der späten Kreide und des frühen Tertiär.

 
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Das heutige geographische Bild der Westindischen Inseln zeigt im übrigen nur ein Zwischenstadium der fortdauernden erdgeschichtlichen Metamorphose. Auch jetzt läßt die Inselkette der Antillen immer noch ihre ehemalige Brückenverbindung mit Südamerika und Mittelamerika erkennen: Das westliche Glied, die Großen Antillen, ein »halbertrunkenes« Gebirgssystem, steht in geologischer Verbindung mit den Faltengebirgen von Honduras und Nicaragua. Die Kleinen Antillen kann man als östliches Kettenglied ansehen, als aufgetauchte Gipfel eines nicht zusammenhängenden unterseeischen Gebirges vulkanischen Ursprungs. Die bogenförmige Anordnung der Antillen zwischen Mittel- und Südamerika scheidet den Golf von Mexico vom Karibischen Meer. Beide Teile bilden das Amerikanische Mittelmeer; gleichzeitig erfolgt eine klare Abgrenzung zum Atlantischen Ozean im Osten hin.

 
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